Ja, es wird ein weiterer, schwieriger Winter. Ja, dass dies so ist, hat nicht nur mit dem Virus an sich zu tun. Es hat auch damit zu tun, dass Politik und das wir Fehler machen. Wut, Unvernunft und zögerliche Entscheidungen haben uns zu diesem Punkt geführt. Rekordinzidenzen. Eine neue Mutation. Schlangen an den Impfzentren. Weihnachten 21 ein weiteres Pandemiefest.

Ja, wir hätten vieles anders machen können. Oder auch müssen. Doch diese Erkenntnis nützt gerade Niemandem. Jetzt geht es darum, dass wir unsere Werte bewahren. Dass wird nicht zulassen, dass diese Gesellschaft in eine wütende, dunkle Zeit abdriftet. Das Wut und Gewalt unsere Straßen und den Diskurs übernimmt. Ja, mann kann anderer Meinung sein. Aber nein, man muss damit weder Recht haben, noch Recht bekommen. Insbesondere dann nicht, wenn Wissenschaft und Faktenlage bei deren Formulierung missachtet werden. Und schon gar nicht, wenn es um Probleme geht, die die gesamte Gesellschaft betreffen. Und die wir nur zusammen lösen können. Oder an denen wir alle zusammen scheitern.

Die Beschränkungen wird es solange geben, solange wir nicht zur Vernunft kommen. Solange wir Regeln missachten und als diktatorisch bezeichnen. Statt zu erkennen, dass diese uns und andere schützen sollen. Solange wir der idiotischen Erzählung  von kruden Weltverschwörungen mehr glauben schenken, als der eigenen Wissenschaft. Solange wir unsere persönlichen Betroffenheiten über das Interesse aller stellen. Solange Hörensagen die Lufthoheit der Debatte prägt. Solange werden wir unter dieser Pandemie und ihren Folgen leiden.

Wir alle. Nicht nur Ungeimpfte, geschlossene Unternehmen, Kunst und Kultur. Leider.

Wo ist der Zusammenhalt? Oft wurde ich das gefragt in den letzten Jahren. Oft höre ich die Rede von schönen Erinnerungen an eine solidarische Gesellschaft. Und ebenso oft frage auch ich mich: Wo ist dieser Zusammenhalt geblieben? Wurde er verboten? Gibt es ein Gesetz, das uns verbietet, Rücksicht zu nehmen, einander zu helfen. Für den anderen zurückzustecken? Nein. Gibt es nicht. Es sind wir, die aufgehört haben, dies als Wert zu betrachten, dies zu leben. Und wir, die begonnen haben, mehr und mehr das eigene Interesse über das der anderen zu stellen. Immer weniger jene, die dem entgegentreten, nahezu stoisch weiter für andere da sind.

Das Echo wird leiser.

Die Kraft derer droht zu schwinden. Im aggressiven Getöse dieser Tage.

Wir müssen aufpassen, dass dieses Echo nicht verstummt. Wir müssen aufpassen, dass hier nicht falsche Kräfte stärker werden. Nur, weil wir nicht hinsehen. Weil wir nichts dagegen sagen wollen. Weil wir Angst haben. Weil wir glauben, es würde sich alles von selbst wieder regeln. Weil wir diese Themen an den Kaffeetischen nicht besprechen wollen, damit es keinen Ärger in der Familie gibt. Aber genau das müssen wir jetzt. Nichts wird von selbst gut. Das wird es nicht. Wir sind gefragt. Wir müssen für unsere Interessen einstehen. Wir müssen ein friedliches, sachliches und gewaltfreies Zusammen bewahren. Das kann Politik nicht allein. Das kann Polizei nicht allein. Wir müssen miteinander sprechen. Wir leben alle nicht im luftleeren Raum. Wir alle haben ein Umfeld in dem unsere Worte Gewicht haben. Setzen wir Sie ein. Nicht als Agitation. Nicht als Zwang. Als Stimme der Vernunft. Im geschützten Raum der Vertrautheit.

Und ja. Auch Politik muss erkennen, dass es so nicht weiter gehen kann. Wir brauchen klare Linien, logisches Vorgehen. Wir brauchen mehr Dialog zwischen Gesetzgeber und kommunaler Diskussionsebene. In Zeiten, in denen alles hochvernetzt leicht in die falschen Blasen kippt, müssen wir unsere Arbeit anpassen. Müssen klarer kommunizieren, mutiger entscheiden und auch mal neue Wege gehen. Transparent, Bürger beteiligend und vor allem ehrlich und erklärend sein. Druck erzeugt nur Gegendruck. Ja, der Staat muss handeln, muss das Gewaltmonopol klarstellen und Extreme aus dem verkehr ziehen. Aber dennoch müssen wir uns die Kraft bewahren, zu differenzieren und genau hinzusehen, mit wem wir es hier zu tun haben. Pauschale Urteile münden in pauschalen Widerstand. Beidseitig wohlgemerkt.

Hier ist viel alte Wut. Viel Misstrauen. Viel Verletztheit. Ja, auch 30 Jahre nach dem Mauerfall. Denn Zeit ist relativ. Fakten nicht. Und die sprechen dafür, dass wir gemeinsam gegen dieses Misstrauen angehen müssen. Das da Dinge sind, wie es zu lösen gilt. Es braucht Angebote, wenn wir Vertrauen zurückgewinnen wollen. Das ist kompliziert und anstrengend. Führt oft zu Missverständnissen. Es sind schmale Grade auf denen wir wandeln in diesen Tagen.

Die Botschaft dieser Zeit ist eindeutig: Wir können nur zusammen unsere Probleme lösen. Wir müssen solidarisch sein. Solange ich denken kann, habe ich diese Notwendigkeit  noch nie so sehr gespürt, wie in diesen Tagen. Wir haben keine Diktatur. Das aber ist nicht selbstverständlich. Und wir müssen gemeinsam acht geben, dass dies so bleibt. Wir haben eine Demokratie, die uns jetzt braucht. Wir leben in Frieden, den wir bewahren müssen. Und in Freiheit, die es zu verteidigen gilt. Gegen jene, die gerade diese Situation nutzen wollen, uns zu spalten. Aber nicht mit Schutzmaßnahmen, die die Pandemie beenden wollen. Nein. Mit ganz eigenen Interessen. Unter dem Deckmantel des angeblichen Freiheitskampfes, den sie in die Tradition von a la 89 zu stellen suchen.

Lasst es Euch sagen: Das ist kein Widerstand, kein Freiheitskampf. Das ist wütender, oft egoistischer Lärm. Mehr nicht. Und dieser hat mit dem Mut und den Idealen von 89 nichts gemein. Gar nichts.

Wir werden es gemeinsam schaffen. Weil wir es können. Wir werden diese Pandemie überwinden. Wir werden dieses Weihnachtsfest im Kreis der Familien erleben. Wir werden zusammen inne halten und Luft holen. Und in dieser besinnlichen Zeit sollten wir alle zur Ruhe kommen. Aber auch darüber nachdenken, was unsere Teil ist vom Ganzen ist. Was wir alle tun können, damit es besser, damit es gut wird.

Ich wünsche Euch allen von Herzen eine besinnlichen Adventszeit und ein  gesegnetes Weihnachtsfest. Und die Kraft die es dieser Tage braucht, nicht zu verzweifeln.

Euer  Dirk Neubauer

PS: Die Schlagzeile haben wir von der Stadt Zwickau übernommen. Danke dafür!

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